Warum sich immer mehr Menschen von der Politik verabschieden.
9. März 2022 von Edit Engelmann
Es ist heute gar nicht mehr so einfach, Menschen zum Mitmachen in einer funktionierenden Demokratie zu animieren. Mehr als 30% der Bevölkerung haben laut einem Interview mit Dr. Gregor Gysi der Politik inzwischen die kalte Schulter gezeigt und sich, zumindest innerlich, von jeglichen politischen Fragen oder gar vom Mitmachen verabschiedet. Das ist immerhin ein Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung Deutschlands oder mindestens 18,2 Millionen individuelle Menschen, deren politische Überzeugung, Engagement, Ideen und Vorstellungen dem deutschen Staat vollständig verloren gegangen sind - wesentlich mehr als die berühmte kritische Menge.
Wer oder was sie so verprellt hat, beschreibt Dr. Ute Bergner in ihrem Buch „Mitmach-Demokratie“ sehr eindrucksvoll. Dr. Bergner, selbst (ehemals FDP, jetzt freie) Landtagsabgeordnete in Thüringen, hält die derzeitige repräsentative Demokratie für nicht mehr wirklich zukunftsfähig. Koalitionen, Absprachen, Verwässerungen, nicht gehaltene Wahlversprechen, Berufspolitiker, Cliquenbildung… – alles hat sie gründlich unter die Lupe genommen und analysiert.
Ihr Fazit: diese Demokratie motiviert niemanden aus der Bevölkerung, mitzumachen. Im Gegenteil, seitens der Politik wird nicht selten alles unternommen, diesen Fall nun wirklich als absolute Ausnahme zu erleben oder, am besten, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen.
Nun ist es natürlich nicht so, dass sich dieses Drittel der Bevölkerung „nur“ vom Elfenbeinturm der Politik entfernt hat – die Menschen kapseln sich auch aus der Gesellschaft ab, übernehmen weniger Verantwortung, engagieren sich nicht mehr für gemeinnützige Zwecke, zeigen keine Eigenverantwortung – sondern kochen ihr eigenes Süppchen im kleinen Kreis mit Freunden, Familie und Gleichgesinnten.
Eigentlich natürlich, sagt Dr. Bergner, denn die Famile, Freunde, Gleichgesinnte, das Dorf, der Stadtteil sind die kleinste Zelle in einem natürlich funktionieren Netzwerk. Und genau so ein Netzwerk hat sie vor Augen, wenn sie über die Idee spricht, wie man die deutsche Demokratie in eine Mitmach-Demokratie verwandeln, Menschen wieder motivieren kann, sich politisch zu engagieren und mitzugestalten: sich auf Augenhöhe vernetzen.
Sie sieht das so: Bürger und Politiker, die wie ein Netzwerk in der Natur zusammenarbeiten, gestalten können, mitmachen können, im Kleinen wie im Großen, im Dorf wie in der Stadt, dem Land oder dem Bund. Die, die sprechen, möchten auch gehört werden, möchten, dass man sich mit ihnen und ihren Gedanken auseinandersetzt. In einem funktionierenden Netzwerk ist das möglich.
Es benötigt keine Revolutionen
Dabei ist Dr. Bergner keineswegs als Rebellin unterwegs. Sie vergleicht das deutsche System mit dem anderer Länder und kommt zu dem Schluss: Es benötigt keine großen Revolutionen, sondern ihre Idee lässt sich im bestehenden System verwirklichen, langsam einführen, ändern und verbessern, sie kann Menschen mitnehmen und wieder zum Mitmachen bewegen.
Frau Dr. Bergner schreibt in einem einfachen, doch einprägsamen und leicht zu verstehenden Stil. Ihre Beispiele sind anschaulich, ihre Zitate auf den Punkt treffend. Und eine leichte Prise Humor schaut auch durch die Zeilen. Das Buch selbst ist leicht layoutet mit einer einfach zu lesenden Schriftgröße und -schnitt.
Ein rundherum rundes Buch – von einer Politikerin und Bürgerin, die aus eigener Erfahrung spricht.
- Herausgeber : Wirtschaftsverlag W.V.; Suhl/Thüringen, 1. Edition (11. November 2021)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 142 Seiten
- ISBN-10 : 3936652406
- ISBN-13 : 978-3936652406
- Abmessungen : 15.1 x 2 x 23 cm
- Erhältlich: Im örtlichen Buchhandel und online.
Lesen Sie sich ihre Ideen einmal durch – und wenn Sie derselben Meinung sind, dann lohnt es sich vielleicht doch, in die Politik wieder einzusteigen und bei der Demokratie wieder mitzumachen.