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Lebensfreude und Schönheit

Die Welt wieder mit den Augen der Romantiker sehen: Dazu lädt eine Ausstellung mit Werken von Renate von Charlottenburg in Bad Sulza ein.

Renate von Charlottenburgs Zeichnungen sind eine Augenweide. Ihre detailverliebten Werke strahlen voller Intensität, Lebensfreude und Schönheit. Renate von Charlottenburg erzählt Geschichten in Bildern. Jetzt auch in der Kur- und Weinstadt Bad Sulza. Seit 3. Februar bis zum 7. April 2024 stellt die Berliner Künstlerin unter dem Titel „Romantik neu beleben“ Arbeiten im Historischen Inhalatorium aus und trifft hier im „Genius Loci der Romantik“, wie Laudator Andreas Mascha die Region in und um Weimar und Jena treffend bezeichnete, den Nerv der Zeit. Denn Romantik ist nicht erst seit diesem Jahr, in dem wir den 250. Geburtstag des Malers, Freigeistes und Visionärs Caspar David Friedrich feiern, wieder im Kommen.

„Der Standard“ schieb dazu am 12. Dezember 2020, dass das Internet mit Bildern aus der heimischen Natur geflutet werde, altes Brauchtum und biedere Häuslichkeit ihre fröhliche Urständ feiern würden und fragte: „Woher kommt die neue Romantik?“

Kanäle mit Sentimentalitäten geflutet

Feuilletonist Stefan Weiss stellte dazu in der seit 1995 auch online verfügbaren österreichischen Tageszeitung fest: „Am deutlichsten zeichnet sich der Mentalitätswandel in den sozialen Netzen ab. Als Corona mit allen Einschränkungen, Lockdowns und Lockerungen über die Menschen hereinbrach, veränderte das vielfach das Social-Media-Verhalten: Plötzlich wurden die Kanäle mit Sentimentalität geflutet. Mit Bildern von Bergtouren, Wanderungen, Spaziergängen im Wald und um den See, bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, bei Tag und bei Nacht – ja, vor allem am Abendspaziergang, den die Ausgangsbeschränkung gerade noch erlaubt, führt kein Weg mehr vorbei.“

Die neue Häuslichkeit, zu der die Seuche gezwungen hätte, habe das Ihrige beigetragen. Altes Brauchtum werde hervorgekramt, neu bewertet, geschätzt und passend gemacht. Auch die heimelige Kochkunst boome, sogar gestandene Mannsbilder tauschten Backrezepte aus, entdeckten ganz neue Welten in den eigenen vier Wänden.

„Erleben wir den Triumph einer neuen Romantik? Oder ist alles narzisstische Fassade? Werden der Inszenierung in Heimat, Wald und Wiese bald schon wieder die Fotos vom Strandurlaub in Bali und vom geschäftigen Treiben in den Weltmetropolen folgen?“

„Sind all diese durch die Pandemie künstlich erzeugten Sentimentalitäten bloß einer großen Alternativlosigkeit geschuldet und könnten genauso schnell wieder verschwinden, wie sie entstanden sind? Oder steckt mehr dahinter? Erleben wir den Triumph einer neuen Romantik? Oder ist alles narzisstische Fassade? Werden der Inszenierung in Heimat, Wald und Wiese bald schon wieder die Fotos vom Strandurlaub in Bali und vom geschäftigen Treiben in den Weltmetropolen folgen?“, fragte sich Weiss im „Standard“.

Für ihn stehe fest: Das neue „Zurück zur Natur” sei natürlich kein neues Programm. Es sei das alte Lied der Romantik, das sich – über die Zeiten immer wieder frisch gecovert – auf ein Neues in den Charts festsetzte. Allen romantischen Aufwallungen gemeinsam sei ein Unbehagen an der fortschreitenden Rationalisierung, Technisierung und Berechenbarkeit der Welt. Der großen Entzauberung solle – von alten Mythen über Kapitalismuskritik bis zum Spirituellen – alles entgegengehalten werden, was einer als kalt und entfremdet empfundenen Realität widerspreche.

Tiefere Dimension entdecken

Bei der Vernissage zur Ausstellung von Renate von Charlottenburg formulierte es der Bürgermeister der Landgemeinde Stadt Bad Sulza, Dirk Schütze, folgendermaßen: „Vielleicht braucht es wieder mehr Romantik in dieser sehr angespannten Zeit. Möge uns der Frieden erhalten bleiben, der soziale Frieden sich wieder normalisieren. Dafür müssen wir in unserer gespaltenen Gesellschaft in normale Gespräche kommen und wieder miteinander reden.“ Oft werde Sprache durch Bilder ausgelöst. In diesem Sinne freue er sich über die Ansammlung von Kunstwerken. Diese könnten zu einer Wahrnehmung sensibilisieren und dazu einladen, eine tiefere Dimension zu entdecken.

Bad Sulzas Kurdirektorin Melanie Kornhaas hieß die Berliner Künstlerin herzlich willkommen in der Kurstadt.
Renate von Charlottenburg zeichnet nicht nur Symbole, sie lebt sie. Alles hat für sie eine Bedeutung.
„Alles spricht zu uns, wir müssen es nur entziffern.”
Screenshots (4): salve.tv
Renate von Charlottenburg lädt uns ein, die Welt wieder mit den Augen der Romantiker zu betrachten.

Genau dazu lädt uns Renate von Charlottenburg mit ihren Zeichnungen ein: Wir sollen die Welt wieder mit den Augen der Romantiker sehen, als ein zusammenhängendes Ganzes, lebendig und bewusst. Sie möchte mit ihren Werken unsere kindliche Vorliebe für eine verzauberte Welt und unsere Neugier auf verborgene Weisheiten wecken.

Renate von Charlottenburgs Bilder beruhigen ungemein, sie ermöglichen es, tief in die Symbolik einzutauchen, regen zum Innehalten und Nachdenken an. „Alles spricht zu uns, wir müssen es nur entziffern und mit unseren Erfahrungen und unserem Wissen um universelle Zusammenhänge anreichern“, merkte die Künstlerin an.

Bad Sulzas Bürgermeister Dirk Schütze, Künstlerin Renate von Charlottenburg und Kurdirektorin Melanie Kornhaas erklärten die Ausstellung für eröffnet.
Screenshot: salve.tv

Romantik kann viele positive Gedanken wecken, Energien freisetzen, Gutes bewirken. „Politisch flossen die romantischen Energien in die erste Ökobewegung“, analysierte Stefan Weiss. Deren Erben, Grünparteien und Fridays for Future würden nun zu jenen gehören, die das aktuelle romantische Aufwallen lange vor Corona mit vorbereitet hätten.

Romantik kann auch in der heutigen Zeit fehlinterpretiert, vorgeschoben, missbraucht werden. An diese Kehrseite erinnerte aktuell auch „Der Standard“: „Identitäre stützen sich auf die völkische Romantik, Islamisten auf die religiös-politische Jenseitsverheißung, ein neues Biedermeier als österreichische Spezialität bringt Engstirnigkeit nach der Losung `My home is my castle` hervor. Und schließlich war die Romantik auch immer ein Hort falscher Propheten: Im damals inflationären Geheimbundroman wurzeln die heute populären Verschwörungstheorien.“

Darauf besinnen, was wirklich zählt

Wir leben in einer Zeit, in der, wie ich finde, allzu oft und allzu schnell der Begriff Heimat verteufelt wird und in der Kritiker kurzerhand und nicht selten zu Unrecht als Verschwörungstheoretiker verunglimpft werden. Davor dürfen sich die Romantiker von heute, die sich und ihre Betrachter am Schönen erfreuen und ermutigen möchten, nicht fürchten.

Unsere Welt wird von Tag zu Tag kriegerischer. Unsere Politik setzt alles daran, den globalen Konzernen zum Sieg zu verhelfen – auf Kosten des einheimischen Mittelstandes und der Landwirtschaft. Wir sollten uns darauf besinnen, was für uns kostbar, was wirklich wichtig ist und was für uns zählt und wofür es sich lohnt, sich zu engagieren: Renate von Charlottenburgs Zeichnungen können uns in diesem Sinne, so lautet das Fazit eines gerade bei salve.tv erschienenen Beitrages über die Ausstellung „Romantik neu beleben“ in Bad Sulza, den ich unbedingt empfehlen kann, durchaus sensibilisieren für eine liebevolle, friedliche und naturverbundene Welt.

Vielleicht gibt uns das Kraft dafür, alles Menschenmögliche zu tun, um diese lebenswerte Welt für uns und unsere Kinder zu erhalten und allen Widerständen zum Trotz für unsere Freiheit und Individualität einzustehen.

salve.tv

Der Beitrag über die Ausstellung von Renate von Charlottenburg ist in der salve.tv-Mediathek unter oben stehenden Link jederzeit abrufbar.