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Wandeln in eine neues Jahr

Gedanken zum Jahresanfang

Liebe Freunde!

Zum Jahresanfang habe ich einige meiner Gedanken für Euch aufgeschrieben, um weiter mit Euch im Dialog zu bleiben.

Die Welt war schon immer im Wandel. Der Wandel allerdings, den wir jetzt erleben, kommt mit einer nicht geahnten Wucht und Geschwindigkeit und überfährt uns, ohne dass wir eine Möglichkeit sehen, ihn in unserem Sinne zu beeinflussen. Eine Verschmelzung von Wirtschaft und Politik findet zunehmend statt. Die Digitalisierung setzt sich machtvoll durch. Die Regierung handelt autoritär.

Widerrede, Protest gegen die Einschränkung der Grundrechte wurde laut, die viel besprochene und geforderte Zivilgesellschaft regte sich. Ganz verschiedene politische Kräfte zeigten sich auf den Demonstrationen, was dazu führte, diese Aktivitäten zu diskriminieren, zu diffamieren und teilweise sogar zu kriminalisieren. Eine offene Diskussion, bei der alle Argumente friedlich ausgetauscht und besprochen werden konnten, wurde nicht geführt. Stattdessen herrschen vielfach Verurteilungen und Vorverurteilungen. Wer die Radikalisierung des Widerstands verfolgen möchte, kann aiw übersichtlich unter www.demokratischerwiderstand.de/archiv studieren.

Eine Berliner Freundin erzählte mir erst letzte Woche, dass das alleinige Telefonieren auf einem Bürgersteig fast zu ihrer Verhaftung geführt hätte, weil sie keinen Grund sah, den Bürgersteig zu verlassen und von den sie auffordernden Polizisten auch nicht informiert wurde, warum sie jetzt gehen solle. Kurz darauf sah sie mit eigenen Augen, wie der Sprecher der „Hygienedemo“ Anselm Lenz, Gründer und Chefredakteur der oben genannten Zeitung Demokratischer Widerstand  von Polizisten auf den Boden geworfen und verhaftet wurde, weil er „ein Rädelsführer sei“ wie ihr einer der Polizisten auf Nachfrage sagte. Sie sagte mir auch, dass die Berliner Polizei von Beginn an, also schon seit April, überaus rabiat gegen die Demonstrationen für das Grundgesetz agierte.

Wenn jedoch eine andere Meinung als die Regierungsmeinung diskriminiert wird, haben wir es dann nicht mit einem autoritären Regime zu tun? Jedenfalls ist dies eines der Kriterien, die wir anführen, wenn wir einen Regierungschef als Diktator qualifizieren. In der Demokratie, in der Wissenschaft und in einer erfolgreichen Marktwirtschaft ist der öffentliche Widerstreit der Meinungen die Pulsader des Erfolgs, weil Möglichkeiten und Ideen ausgetauscht, aneinander gemessen und gegebenenfalls gemeinsam verbessert werden können, um innovative Lösungen und beste Qualität zu erarbeiten

Lernen, lernen und nochmals lernen – das ist das Rezept von guter Qualität und bester Leistung. Lernen aber bedeutet selbst denken – und denkende Menschen kommen nun einmal zu verschiedenen Ergebnissen! Während der letzten dreißig Jahre haben wir im Rahmen unser Normierungen auch die Ausbildung genormt. Es gibt vielfach nur noch Richtig, und über Falsch reden wir nicht mehr. Worüber aber sollen Schüler und Studenten nachdenken, wenn es nur noch darum geht, das „Richtig“ zu lernen und alles andere nicht mehr in Betracht zu ziehen? Die Freiheit, das Richtig und das Falsch selbst zu suchen und zu finden, ist vielfach verloren gegangen. Dies birgt die Gefahr der Einseitigkeit und auch der Gläubigkeit wie auch den Verlust an Dialogfähigkeit in sich.

Mit dem Fall der Mauer dachten viele von uns, dass nun Frieden und Freiheit gekommen sei. Der Staat der alten Bundesrepublik Deutschland strukturierte die neuen Bundesländer nach seinem Ebenbild und erschien damit selbst verjüngt – doch nur kurz. Heute sind diese alten Strukturen, die in den Jahren nach 1945 in Westdeutschland aufgebaut wurden, 85 Jahre alt und im Osten ebenso verkrustet wie im Westen. Eine Versorgungsmentalität für Politiker, Beamte und Wirtschaftsfunktionäre ist entstanden, die das System so aufgebläht hat, dass es kostspielig wie nie wurde.

Selbst jetzt, in den Zeiten der Pandemie, die dem Mittelstand, den Selbständigen und den ohnehin schon ärmeren Bevölkerungsschichten teilweise den Boden unter den Füssen wegzieht, haben Politik und Bürokratie für sich selbst keine finanziellen Einbußen beschlossen, um so Geld einzusparen. Ich darf gar nicht an die Lohnerhöhungen denken, die die Politik ihren Bediensteten immer wieder in regelmäßigen Abständen gewährt, ganz abgesehen von den übrigen Vergünstigungen eines Beamtenstatus, während wir, der Mittelstand, um unser Überleben kämpfen und uns schämen müssen, wenn wir nicht so großzügig wirtschaften können. Doch wir, die Steuerzahler sind es doch, die diese Ausgaben wieder begleichen müssen!

Die deutsche Politik hat sich der Dominanz der USA fast vollständig unterworfen und uns damit die erhoffte Chance auf Frieden in Europa geraubt. Die NATO wurde entgegen anders lautender Versprechen nach Osten ausgedehnt, die USA haben weiterhin militärische Stützpunkte in Deutschland und wir haben uns außenpolitisch in Kriege verwickeln lassen, die nicht in unserem Interesse waren. Oder sieht irgendjemand einen Vorteil darin, dass wir jetzt Soldaten in 14 Ländern (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/72703/umfrage/anzahl-der-soldaten-der-bundeswehr-im-ausland/) stationiert haben und nun auch noch an die Grenze von Russland schicken? Diese Politik hat den Migrantenstrom in Gang gesetzt, der uns jetzt den Schlaf rauben kann, wenn man an die unwürdige Behandlung der Flüchtlinge in Lagern oder bei ihrem Kampf ums nackte Überleben denkt. Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland immer noch kein Einwanderungsgesetz, das es unserer Wirtschaft ermöglicht, die Mitarbeiter, die sie benötigt, schnell und effektiv zu finden und einzusetzen.

Während für die anderen Berufe in Deutschland Lehrpläne und Berufsabschlüsse bestehen, finden sich in der politischen Führungsebene unseres Landes Ministerialstäbe und Minister ohne spezifische Ausbildung für das jeweilige Amt. Sie treffen Entscheidungen, die ihnen teuer bezahlte Berater vorgeben – Berater, die möglicherweise von der Entscheidung selbst noch profitieren. Für qualifizierte Entscheidungen braucht man jedoch selbst ein Fundament, weil man sonst Einflüsterungen ausgesetzt ist.

Die Herrschaft der Parteien ist nicht mehr zeitgemäß. Sie führt vielfach zu Berufspolitikern, die den Kontakt zur Basis verlieren. Politikern, die ihr Amt nicht mehr hergeben wollen, bietet sich die Möglichkeit, unsere Demokratie in einen großen Selbstbedienungsladen zu verwandeln. Auch die Wahlen helfen uns dabei wenig – schließlich geben uns die Parteien vor, wen wir wählen sollen. Und, mal so zwischen uns gesagt, würden die denn jemanden zur Wahl aufstellen, der hinterher im Regierungsfall ihren Vorschlägen nicht zustimmt?

Die Bevölkerung weiß sehr gut, wem sie vertrauen kann und wer sich für sie einsetzt. Wir benötigen deshalb ein System, in dem die Bevölkerung diese Personen auch in die entsprechenden Positionen bringen kann, wo sie im Sinne der Bürger und nach ihrem Gewissen entscheiden. Wir benötigen eine schlanke Verwaltung mit Selbstverwaltungsstrukturen, die der Führung zunehmend  Entscheidungsfreiheit geben, so dass z.B. ein Schuldirektor selbst über die Einstellung seines Personals und die Prioritäten seines Budgets entscheiden kann. Auch die Universitäten benötigen Verwaltungsreformen, die der Führung mehr Flexibilität und Freiheit gewähren.

Jede/r einzelne von uns ist gefragt. Von nichts kommt nichts. Packen wir es an und engagieren wir uns dort, wo es sich in unserem Leben anbietet. Das wünsche ich Ihnen und uns – und viel Glück und Gesundheit im neuen Jahr!

Marion Schneider